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Ab- und Aufbau

„Historische Häuser sind gebautes Kulturerbe und Zeugnisse vergangener Lebenswelten."

Dr. Heinrich Stiewe
Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Dr. Heinrich Stiewe

Zeugnisse vergangener Lebenswelten

Historische Häuser gelangen niemals unverändert in ein Freilichtmuseum – daher sind sie nach ihrem Ab- und Wiederaufbau immer auch Zeugnisse der Museumsgeschichte. An ihnen kann der Wandel von wissenschaftlichen Forschungsansätzen und den daraus entwickelten Präsentationsformen abgelesen werden.

1966 wurde mit dem Aufbau der ersten Gebäude im Museum begonnen. Angesichts der schwindenden historischen Baukultur auf dem Land waren schon seit den 1950er Jahren kulturhistorisch bedeutsame Gebäude abgetragen und eingelagert worden, um sie vor dem Abriss zu bewahren. Bis 1966 wurden fast 70 Gebäude abgebaut und auf dem Museumsgelände gestapelt. Einige dieser Stapel sind heute noch zu sehen. Oft wurde ohne Kran und nur von Hand mit Seilen, Rollen und Hebebäumen gearbeitet.
Die ersten Jahre waren geprägt durch knappe Finanzmittel und wenige Mitarbeitende. Es wurde improvisiert. So diente der Vorplatz des Krummen Hauses als Zimmerplatz für Restaurierung und Wiederaufbau. Die ausgewählten Gebäude sollten möglichst typisch sein und die Museumsleitung bestimmte ihren dargestellten Zustand. Die Höfegruppen wurden nach idealen Plänen angeordnet und in die vorhandene Kulturlandschaft eingefügt. Die erste dieser Gruppen war der Osnabrücker Hof.
 

Ein Haus – ein Baukasten

Seit 1966 wird im Museum gebaut. Besonders zu Beginn war Schnelligkeit gefragt. Es galt, die Häuser an ihren Originalstandorten eilig abzuholen, um sie vor dem Abriss zu retten. Forschung und Dokumentation konnten nicht mit der heutigen Gründlichkeit ausgeführt werden.

Auch die Methoden haben sich im Lauf der Zeit gewandelt. Außerdem fehlten finanzielle Mittel und die personellen Ressourcen waren begrenzt.

Die Häuser wurden vor dem Abbau aufgemessen und in Form von Maßskizzen festgehalten. Museums- mitarbeiter zeichneten diese anschließend in Tusche.

In Lichtpausen der Pläne wurden dann die Nummern der einzelnen Bauteile eingetragen. Fotodokumentationen gab es zunächst selten und wenn, dann meist vom bereits entkernten Gebäude. Da beim Abbau bereits fest-stand, welche Zeit das Gebäude auf dem Museums- gelände präsentieren sollte, wurden meist nur für diese Zeit relevante bauhistorische Befunde festgehalten.

In den 1970er Jahren traten die Mängel der bisherigen Dokumentation zu Tage und es wurden Gegenmaßnahmen ergriffen. Die Fachleute führten restauratorische Befunduntersuchungen an den eingelagerten Bauteilen durch. Viele davon sind als „Farbtreppen“ in den restaurierten Häusern sichtbar. Heute wird aufgrund langfristiger Planungen enschieden, welche Häuser ins Museum kommen sollen. Vor jeder Translozierung – ganz oder in Einzelteilen – wird die historische Substanz mit allen vorhandenen Spuren am Originalstandort dokumentiert.